(AZ) vom 16. Februar 2008
Von Wolfgang Wenzel / Fotos: HBZ, Stefan Sämmer

Jungen zündeln bei Party in Flüchtlingswohnhaus / Sozialdienst muss Mieter beruhigen

In gleißendes Licht war die Fassade der früheren Kaserne getaucht, damit die Feuerwehrleute auf der Drehleiter volle Aktionsbreite erhielten. FOTO: HBZ, Stefan Sämmer

In gleißendes Licht war die Fassade der früheren Kaserne getaucht, damit die Feuerwehrleute auf der Drehleiter volle Aktionsbreite erhielten. FOTO: HBZ, Stefan Sämmer

KASTEL Beruhigen mussten Mitarbeiter des Sozialdiensts zusammen mit Stadtrat Arno Gossmann zahlreiche Mieter der alten Kaserne am Philippsring, die nach der Brandnacht vor lauter Angst nicht mehr in ihre Wohnungen zurückkehren wollten.

Die Ursache des Feuers ist aufgeklärt. Nach Angaben der Polizei hatten zwei Kinder und ein Jugendlicher im Wohnzimmer einer leer stehenden Wohnung eine Party gefeiert und dabei Wasserpfeife geraucht. Mit den glühenden Kohlen zündeten sie vor lauter Übermut Papiertaschentücher sowie Papier an, wobei ihnen das Feuer außer Kontrolle gerieten. Nachdem der Versuch, der rasch um sich greifenden Flammen mit einem Feuerlöscher Herr zu werden, misslang, verließen die Drei die Wohnung.

Es handelt sich um einen 14-Jährigen sowie um ein 12- und 13-jähriges Kind, die nicht in dem von eingewiesenen Flüchtlingen und Privatmietern bewohnten, teilweise leerstehenden Gebäude, sondern in der Nachbarschaft leben. Ermittelt wird wegen fahrlässiger Brandstiftung. Die Anzahl der Verletzten, die mit dem Verdacht auf Rauchvergiftung in Krankenhäuser in Wiesbaden und Mainz kamen, wurde korrigiert. Nicht neun, sondern zehn Betroffene, davon acht Kinder, übergab die Feuerwehr aus dem brennenden Haus dem Rettungsdienst.

Stadtrat Arno Gossmann (li.) und Ortsvorsteherin Margot Schäfer machten sich ein Bild von der ausgebrannten Wohnung und begleiteten Bewohner, die gestern aus dem Krankenhaus zurückkehrten, in ihre vier Wände. Fotos: hbz/Stefan Sämmer

Stadtrat Arno Gossmann (li.) und Ortsvorsteherin Margot Schäfer machten sich ein Bild von der ausgebrannten Wohnung und begleiteten Bewohner, die gestern aus dem Krankenhaus zurückkehrten, in ihre vier Wände. Fotos: hbz/Stefan Sämmer

Stadtrat Arno Gossmann berichtete von “riesigen Ängsten” überwiegend bei den Bewohnern des privat vermieteten Teils der alten Kaserne. Zusammen mit Beschäftigten des Sozialdiensts musste er gestern Morgen die aufgebrachten Menschen mit dem Hinweis beruhigen, dass das Feuer auf eine “Dumme-Jungen-Sache” und nicht auf einen Vorfall mit politischem Hintergrund zurückzuführen sei.

Gelegt wurde das Feuer in einer leer stehenden Privatwohnung. Die Stadt hatte ihre zum Einquartieren von Flüchtlingen gemieteten Wohnungen Ende vorigen Jahres gekündigt und die Menschen mit Duldungsstatus ermuntert, sich mit fachlicher Unterstützung selbst Wohnraum zu suchen. Während die Hälfte von ihnen den Philippsring verlassen habe, wollten die anderen hier bleiben. Zu hoffen bleibe, das auch in diesen sieben Haushalten nach der Brandnacht die Bereitschaft wachse, sich anders zu orientieren, sagte Gossmann, der gestern die Rückkehr der verletzten Bewohner aus den Krankenhäusern abwartete und sie zum Teil in ihre Wohnungen begleitete. Eine schwangere Frau aus Syrien, die mit drei Kindern neben der Brandwohnung im dritten Stockwerk lebt, habe sich zum Bleiben entschlossen. Eines der Kinder weilte gestern zu weitergehenden Untersuchungen noch länger in der Mainzer Universitätsklinik, das andere besuchte schon wieder den Schulunterricht. Für eine achtköpfige türkische Familie mit behinderten Kindern sei es schwierig, eine barrierefreie Großwohnung zu finden. Die Angehörigen eines weiteren sechsköpfigen Haushalts wollten ebenso bleiben wie eine libanesische Familie, die sich schon in der Brandnacht entschieden habe, dass dies “kein Problem” wäre. Trotzdem lege die Stadt den Bewohnern dringend ans Herz, Wohnungsangebote an anderer Stelle anzunehmen, sagte Gossmann.

In der Stadtregierung hatte der Brand große Besorgnis ausgelöst. Oberbürgermeister Dr. Müller verließ am Donnerstagabend zusammen mit Stadtrat Gossmann und Ortsvorsteherin Margot Schäfer die Parlamentssitzung, um an Ort und Stelle zu sein. Wegen der unübersichtlichen Situation mit den vielen Leerständen in dem Bauwerk hatte der Wiesbadener Flüchtlingsrat schon vor mehreren Wochen vor der Situation gewarnt, die jetzt eintrat. Ortsvorsteherin Schäfer erinnerte an den Wunsch des Ortsbeirats, das Gebäude aus aus stadtbild-ästhetischen Gründen aufzugeben und das Terrain später dem gefälligen Bild der nahen Wohnsiedlung Philippshof anzugleichen.